Das Bienen- und Insektensterben ist inzwischen ein unstrittiges Phänomen. Vor allem der industrielle Fortschritt verschärft die dramatische Lage. Doch wie können wir gegen das Verschwinden der wichtigen Insekten vorgehen, welche Möglichkeiten hat jeder einzelne von uns, sich pro Biene zu verhalten? Unsere Imkerin Silke verrät Ihnen 10 Tipps, wie Sie die Bienen retten.
In einer Studie des Entomologischen Vereins Krefelds von 2017 stellten Forscher fest, dass es heute 75 Prozent weniger Fluginsekten gibt als noch im Jahr 2000. Dies sind Zahlen, die einer ökologischen Katastrophe gleichkommen. Kritiker werfen der Studie vor, dass sie sich auf einen lokal begrenzten Raum (südliches Rheinland) bezieht. Das stimmt zwar, aber der Trend, dass weltweit Fluginsekten schwinden, ist nicht mehr von der Hand zu weisen. Über die Ursachen dafür wird gestritten und diskutiert, denn die Gründe sind vielschichtig und regional unterschiedlich.
Einige Kernpunkte sind allerdings überall ähnlich: Nahrungsmangel, Umweltgifte, fehlende Brutplätze und Lichtverschmutzung begünstigen die schlechte Situation für die Insekten. Weitere Gründe sind großflächig monotone Landwirtschaft, bei der Schädlingsgifte und Nitratdüngung zum Einsatz kommen. Aber auch versiegelte Gärten mit Rasen und Steinterrassen und eine nistplatzfeindliche Wohnbauweise, bei der statt auf Holz, auf Stein, Stahl und Beton gesetzt wird, machen unseren Insekten das Leben richtig schwer. Durch ein Umdenken und Handeln unserer Lebensweise helfen wir auf lange Sicht so nicht nur den Bienen, sondern auch uns selbst. Denn Bienen erzeugen nicht nur leckeren Honig, sie bestäuben auch rund 80 Prozent der Pflanzen und sichern damit das Überleben von Bäumen, Blumen, Gräsern und damit unserer Nahrungsquellen.
Bienen retten: 10 Dinge, die Sie tun können
1. Bringen Sie Leben in Ihren Garten: Der Rückgang der Insekten ist in großen Teilen auf einen Mangel an geeigneter Nahrung zurückzuführen. Gräser, Wildblumen und -kräuter sind in unserer dicht bevölkerten Umgebung keine Selbstverständlichkeit mehr. Einige der kleinen Tierchen sind jedoch regelrechte Feinschmecker und ernähren sich von einigen wenigen Pflanzen. Werden diese Gewächse ausgerottet, sterben auch die spezialisierten Insekten aus. Mein Tipp: „Verwildern“ Sie Ihre Umgebung. Pflanzen Sie heimische Pflanzenmischungen in Kübel, in Beeten oder in einer Ecke des Gartens an. Es muss nicht gleich ein ganzer Dschungel sein, aber ein paar Quadratmeter Garten kann zu einer benötigten Oase für Insekten werden. Passend dazu gibt es jetzt eine großartige Aktion von Reformhaus, an der wir uns als aktiver Partner beteiligen, um den Bienen zu helfen: Ab dem 11.07.2018 fügen wir den ersten 200 Neuseelandhaus-Bestellungen ein gratis Saatpaket, die „Reformhaus Glückswiese“, bei. Diese ökologische Bienenweide-Saatgutmischung ist voller bienenfreundlicher Blumen wie Ringel-, Mohn- und Kornblumen. Also eine ganze Wiese voller Futter für Bienen und andere Nutzinsekten.
2. Verzichten Sie auf chemische Mittel: Von uns gepflegte Gärten gleichen aus Insektensicht in der Regel einer Wüste. Hinzu kommt: Diese Art strukturierter Gärtnerei braucht auch extrem viel Pflege. Leider greifen viele zu diesem Zweck zur Chemiekeule. Buchsbaumzünsler und die Blattläuse an den Rosen werden mit Insektiziden aus dem Baumarkt bekämpft. Das ist natürlich alles andere als hilfreich! Mein Tipp: Setzen Sie stattdessen auf Mittel aus der Natur, die weder den Früchten auf den Büschen, noch den Insekten schaden: Knoblauch und Zwiebeln, Rhabarber und Brennnesseln sind als Sud oder Brühe mindestens genauso effektiv und stellen gleichzeitig für Tier und Mensch keine Gefahr dar. Probieren Sie es aus und haben Sie für die ersten Ergebnisse ein wenig Geduld! Genaue Anweisungen finden Sie hier.
3. Insekten haben nicht nur Hunger, sondern tatsächlich auch Durst! Helfen Sie Ihnen, indem Sie eine Insekten-Tankstelle einrichten. Legen Sie dazu ein paar Steine in eine flache Schale und füllen Sie sie in regelmäßigen Abständen immer wieder mit Wasser auf. Die Bienen können sich auf den Steinen niederlassen und trinken. Ein Bienenvolk benötigt zum Beispiel 1 bis 2 Liter Wasser pro Tag, um im Sommer die Kühlung des Stocks zu gewährleisten.
4. Wespennest entdeckt? Geraten Sie nicht in Panik! Als Imkerin kenne ich die Anrufe im späten Frühjahr. Voller Angst wird mir von einem ganzen Schwarm aggressiver Wespen im Gartenschuppen berichtet. Bei Besichtigung stellt sich dann heraus, dass das Nest maximal Handteller groß ist und sich die Insekten nicht weiter um die Besucher kümmern. Mein Tipp: Keine Panik! Insektenschwärme und -nester sind ein Sommerphänomen. Sie nisten für eine Saison, um dann im Herbst bis auf die Königin abzusterben bzw. auszuziehen. Das verlassene Wespennest wird im kommenden Jahr nicht wieder bezogen. Überlegen Sie also, ob der Schwarm als Gast nicht einfach für eine Saison bleiben darf. Zudem stehen Wespen, Bienen und Hummeln unter strengem Naturschutz und dürfen nicht ohne Genehmigung entfernt werden. Sehen Sie es doch einfach als kleines Naturspektakel: Wespen im Schuppen und Hummeln im Erdloch lassen sich wunderbar beobachten. Ein herrliches Schauspiel!
5. Sorgen Sie für Möglichkeiten zum Nisten: Brutplätze für Insekten sind heutzutage rar geworden. Alte poröse Mauern, Giebeldächer oder trockene Sandwände finden sich in unseren dichtbesiedelten Gegenden kaum noch. Aus diesem Grund können Nisthilfen für Insekten einen wichtigen Beitrag leisten. Vergessen Sie nun aber bitte die Nisthilfen, die Sie überall in Bau- und Supermärkten kaufen können. Sie sehen zum Teil für unser Auge zwar ganz hübsch aus, aber eine sichere Brutmöglichkeit für Insekten bieten sie nicht. Neben vielen fundamentalen Fehlern (fester Lehm anstelle von sandigem Löß, Weichhölzer statt Harthölzer) sind sie in der Verarbeitung so schlecht, dass sich keine Wildbiene in ihnen niederlassen wird. Mit etwas Mühe und Geschick können Sie selbst gute Nisthilfen bauen, die von den Insekten dann auch dankbar angenommen werden.
6. Unterstützen Sie die Bienen durch den Kauf von Obst beim Biobauern! Auch mit dem Einkauf Ihrer Obst- und Gemüsevorräte können Sie einiges für die heimische Fauna und Flora tun. Ihre lokalen Biobauern und vor allem Demeter-zertifizierte Bauern kümmern sich um die Produktion von gesunden Lebensmitteln im Einklang mit der Natur. Blühstreifen zwischen den Feldern, kein Einsatz von Insektiziden und Pestiziden, Brachfelder und Gründüngung gehören hier zum Konzept. Dies hilft unserer Gesundheit, aber auch der umliegenden Tier- und Pflanzenwelt. Insekten finden so ein abwechslungsreiches Angebot an Nahrungspflanzen, Kleintiere und Vögel finden damit wiederrum Nahrung für ihre Jungen und gute Verstecke in den Blühstreifen oder Feldhecken.
7. So Verbreiten Sie selbst Wildblumensamen: Eine weitere Möglichkeit zur Ausbreitung von heimischen Wildblumen sind die sogenannten „Seedbombs“ – Samenbomben, die sie in Ihrer Stadt verteilen können. Gerade Brachflächen eignen sich für die „Verwilderung“. Mischen Sie für diese „Bomben“ Wildblumensamen mit guter Erde und formen mit Wasser daraus kleine Kugeln. Beim Spaziergang können Sie diese Kugeln dann an Wegrändern, Baumbeeten oder Brachflächen verteilen. Der Regen weicht die Kugeln auf und bringt die Samen zum Keimen. Wenn es sich um Privatgrundstücke handelt, fragen Sie im Voraus den Eigentümer, denn dieser mag womöglich nur „reinen“ englischen Rasen und beschuldigt Sie im Ernstfall des Vandalismus.
8. Auch der Einkauf bei heimischen Imkern unterstützt die lokale Fauna: Imker kümmern sich um den Erhalt und die Gesundheit von Honigbienen, die einen erheblichen Anteil an der Bestäubung von unseren Obst- und Gemüsepflanzen haben. Oft arbeiten Imker auch mit den umliegenden Bauern zusammen, um den Bedürfnissen der Menschen nach gesunden Lebensmitteln und den der Tiere nach einer gesunden Umwelt gerecht zu werden.
9. Vorsicht beim Entsorgen von Honiggläsern: Als Imkerin habe ich noch eine Bitte an Sie: Bitte waschen Sie ihre Honiggläser gründlichst aus, bevor Sie sie in den Glascontainer werfen. Honig ist ein Rohprodukt, in dem sich auch immer Sporen von Pilzen oder Bakterien befinden. Für uns Menschen ist dies komplett ungefährlich. Für Bienen, die sich über die Honigreste hermachen, kann dies aber zu ernsthaften Problemen führen. Gerade Sporen, die von überregionalen oder internationalen Honigen stammen, können für Bienenvölker große Probleme darstellen, da die Tiere hier keine ausreichenden Abwehrmechanismen haben.
10. Lichtverschmutzung – ab und zu einfach mal abschalten: Zuletzt möchte ich Sie noch für das Thema Lichtverschmutzung sensibilisieren. Dieses bringen wir nicht immer sofort mit dem Insektensterben in Verbindung. Tatsächlich ist sie aber ein weiterer wichtiger Faktor. Lesen Sie hierzu unseren ausführlichen Artikel über dieses wichtige Thema. Die Vermeidung von überflüssigem Licht ist oft nur ein kleiner Handgriff für uns und die nachtaktiven Insekten werden es Ihnen vielfach danken, zu unseren Gunsten.
Bienen retten: Wenn jeder hilft, schaffen wir das!
Die Politik ist für die zielsetzenden großen Entscheidungen zuständig. Dennoch kann jeder Einzelne von uns in seinem kleinen Kosmos ebenfalls Einfluss nehmen: Zum Beispiel durch tägliche Kaufentscheidungen oder durch bewusste Veränderungen im eigenen Leben. Mit einem Blick auf die vermeintlich kleinen Dinge lässt sich viel verändern in der eigenen Umgebung. Und die kleinen Dinge sind es doch eigentlich, auf die es ankommt.
Falls Sie einen größeren Beitrag leisten wollen, lesen Sie in meinem Artikel zum Thema „Urban Beekeeping“ wie man als Städter zum Imker wird und damit einen wichtigen Beitrag zur Rettung der Bienen leisten kann.